Folgendes schreibe ich in der (wohl vergeblichen) Hoffnung, dass die verschiedenen Parteien und Interessen-Verbände wenigstens nach der Kommunalwahl mal darüber nachdenken, wo die Probleme unserer Stadt tatsächlich liegen:
Leider muss man in letzter Zeit den Eindruck gewinnen, dass die Funktionäre des Wuppertaler Einzelhandels Umsatzprobleme zu mindestens 90 % im Thema Verkehr sehen. Ein Trugschluss, der von den tatsächlichen Problemen ablenkt.
Wie in allen anderen Städten auch, hat der Einzelhandel in den Innenstädten mit Umsatzeinbrüchen zu kämpfen. Nun wird behauptet, dass die Kunden, die mit dem Auto in die Stadt fahren, durch Linienbusse, die an Haltestellen am Fahrbahnrand halten, und durch "Knöllchenjagd" schikaniert werden. Eine sehr fragwürdige Vorgehensweise, wenn man bedenkt, dass hierdurch - nicht nur auswärtigen - Kunden suggeriert wird, dass man in Wuppertal besser nicht einkauft. Vielleicht liegt es daran, dass der erste Vorsitzende des Wuppertaler Einzelhandelverbandes gleichzeitig CDU-Aktivist ist.
Gleichzeitig erklärt man, dass die Kunden, die mit dem Auto kommen, angeblich mehr Umsatz machen. Eine Behauptung, die nur oberflächlich stimmt. Natürlich fahren mit dem Bus auch Personengruppen mit geringem verfügbarem Einkommen (Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Rentner mit kleiner Rente). Aber auch viele sog. "Normalverdiener", die aus verschiedenen Gründen nicht mit dem Auto in die Stadt fahren wollen (oder können), sind darunter, die mindestens genauso gute Umsätze machen, wie 'Autofahrer'.
Mir persönlich macht der Einkauf in Wuppertals Innenstädten nicht mehr soviel
Spaß, wie früher. Wenn ich bedenke, dass ich pauschal als
"schlechter Umsatzmacher" 'abqualifiziert' werde, kann man mir das wohl
kaum verdenken. Es kann doch nicht angehen, dass ich nur noch als
"Umsatzmaschine" betrachtet werde.
Ich bin ein ganz normaler Kunde mit ganz normalen Bedürfnissen, der nicht bereit
ist, sich dafür zu rechtfertigen, dass er nicht mit dem Auto vorfährt.
Die tatsächlichen Probleme sind vielschichtig:
Es kann nicht übersehen werden, dass auswärtige Besucher nicht mehr so oft
einen Grund sehen, Wuppertal zu besuchen. Das liegt vor allem daran, dass andere
Städte (wie Remscheid durch sein "Allee-Center" und Solingen mit der
"Clemens-Galerie") mit ähnlich attrraktiven Einkaufsmöglichkeiten
aufwarten können und somit mehr Geld in ihren eigenen Städten halten. Insbesondere
gilt dieses, wenn die potentiellen Kunden auch noch weniger Geld zur Verfügung haben.
Darüber hinaus wird aus wahltaktischen
Gründen dummerweise gleichzeitig allen potenziellen Kunden suggeriert, dass
man besser nicht nach Wuppertal fährt. Eigentlich schade, wenn man bedenkt, dass
Wuppertal trotz aller Probleme auch auswärtigen Besuchern viel zu bieten hat.
Durch die hohen Ladenmieten, die insbesondere in den besonders attraktiven Lagen verlangt werden, können viele Angebote nicht in die Innenstädte geholt werden. Diese Angebote sind jedoch sehr wichtig, weil der Kunde sonst nicht alle Erledigungen in der Innenstadt tätigen kann und anschließend noch in Geschäfte in Außenzentren fahren muss. Dieses kann jedoch dazu führen, dass er dort auch das besorgt, was er eigentlich auch bequem in der Innenstadt bekommen könnte.
In diesem Zusammenhang berichtete die 'Westdeutsche Zeitung' (WZ) vor einiger Zeit von einem Fachgeschäft für Tapeten und Bodenbeläge, das wegen zu hoher Mieten seine Filiale am Werth (in Barmen) geschlossen hatte. Dieses Unternehmen sollte jetzt für ca. 140 qm, die sich auf zwei Ebenen verteilten, über DM 12.000 aufbringen. Heute ist dort ein "Sonderposten-Markt" (im Volksmund auch "Ramschladen" genannt) drin, der die Attraktivität Barmens nicht unbedingt verbessert.
Es kann nicht übersehen werden, dass immer mehr Bürger deutlich weniger Einkommen haben, oder Grund zu der Annahme haben, dass sie in naher Zukunft wahrscheinlich weniger Geld zur Verfügung haben. Es ist doch wohl allen klar, dass diese Personengruppen lieber billigere Produkte kaufen, als Ware aus Fachgeschäften, die teurer (aber oft auch besser) sind.
Man denke nur an den Öffentlichen Dienst: Nach Abschluss der Tarifverhandlungen wurde versucht, im Pflegebereich die Einkommen der dort Beschäftigten durch Sonderverträge um teilweise mehrere hundert Mark zu schmälern. Auch wenn dieser Versuch gottseidank - zumindest vorläfig - gescheitert ist, wird jetzt für alle Beschäftigten des ÖPNV-Bereichs ein sog. "Sparten-Tarifvertrag" zwischen Kommunalen Arbeitgebern und der ÖTV (jetzt Verdi) ausgehandelt, der auch zu Lohn- bzw. Gehaltseinbußen führen wird. Dieses führt natürlich zu einer Verunsicherung, da man weiß, dass dieses anschließend auch auf andere Bereiche des Öffentlichen Dienst und anschließend auf die Privatwirtschaft übergreifen würde (= "Domino-Effekt").
Natürlich sind höhere Einkommen ein Kostenfaktor. Aber andererseits bringen sie mehr Kaufkraft für einen besser funktionierenden Einzelhandel. Dieses wird leider auch von der Politik (gerne) "übersehen".
Es ist nicht zu übersehen, dass vieles in den Innenstädten noch den architektonischen Vorstellungen der 50er und 60er Jahre entspricht. Z. B. wurden Fußgänger, die die Hauptstraßen überqueren wollten, durch Tunnels geschickt, damit sie den Autos nicht in die Quere kommen. Zwar hat ein Umdenkprozeß eingesetzt, aber die Verbesserungen scheitern teilweise am fehlenden Geld und teilweise daran, dass der Stadtrat unter der Führung der CDU mittlerweile wieder auf die radikale Förderung des PKW-Verkehrs um jeden Preis umgeschwenkt ist. Dadurch sind wichtige Maßnahmen, wie der Rückbau von Tunnels zugunsten überirdischer Fußgängerüberwege gestoppt worden (Bsp.: Friedrich-Engels-Allee / Loher Straße).
Aber man muss auch sehen, dass kleinere Städte (z. B. Schwelm, Hattingen) eine optisch attraktivere Altstadt mit entsprechendem Flair haben. Diese Städte sind für die dort wohnenden Menschen für viele Einkäfe des täglichen und periodischen Bedarfs attraktiv genug. Dieses gilt insbesondere, wenn man auch noch wenig Geld zur Verfügung hat.
Quelle dieses Dokumentes im Netz: http://www.martin-wuppertal.de/wuppertal/handel.html